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Mario Kempes und das argentinische Fußball WM Drama

Ein allerletztes Mal in diesem Sommer zum Thema Fußball... immerhin geht es um das WM-Finale.

Der Spross und ich haben uns natürlich für Public Viewing entschieden. Erstens ist geteiltes Leid halbes Leid und zweitens muss man ein so monumentales Event einfach in gleichgesinnter Gesellschaft verfolgen. Ich ergattere uns in letzter Minute zwei Sitzplätze im Veranda Café unseres Kreuzfahrtschiffes erste Reihe fußfrei, denn mit dem Stehen hat er es nicht so, und ich auch nicht.

Mein kleiner Fußballfan - in das Lager seiner von Anfang an favorisierten Argentinier heimgekehrt - gibt sich in seinen Erwartungen rotzig-pessimistisch und sieht seine Schwarzmalerei schon dadurch bestätigt, dass die Deutschen den Anstoß bekommen.

Natürlich halte ich auch zu Argentinien, nicht etwa aus Abneigung gegen die Deutschen, sondern wegen meiner alten Teenieliebe zu Mario Kempes, Weltmeister und WM-Torschützenkönig 1978, mit dem mich die Erinnerung an gemeinsame Ballwechsel und geteilte Heurigenbänke in Wien verbindet.

Als vorauseilende Unterstützung habe ich mich zum Abendessen mit einer Flasche argentinischen Weißwein eingestimmt. Der Spross ist in übler Stimmung, schweigsam und lugt bei lautem Aufschreien der Menge nur verkniffen über den Rand seines iPads zum TV-Screen. Um eine Ansprache zu haben, beginne ich eine Unterhaltung mit der besten Freundin auf WhatsApp, die ebenfalls das Match verfolgt. Wir geben unsere üblichen Wetten ab, B. tippt auf 2:1 für Argentinien, ich detto, wir sind uns wie immer einig.

Kramer geht nach einem Zusammenstoß mit Garay zu Boden.

B: Den deutschen Buben ham‘s KO geschlagen.

Ich: Ziemlich! Au, das war auch nicht grad fein...

B: Wird noch besser...

Ich: An Simmering - Kapfenberg kommen sie nicht ran.

B: Nicht ganz.

Ich: Aber bald...

B: Wird nicht ohne Blut abgehen...

Nebenbei nehme ich unsere Sitznachbarn unter die Lupe. Links zwei blasse Engländer, rechts von mir, ich glaube es kaum, ein Argentinier. Und was für ein Gott! Bei einer Torchance Argentiniens in der ersten Halbzeit juble ich laut und undamenhaft. Der Mann neben mir sieht mich an, als ob ich sie nicht alle habe. I'm Austrian, erkläre ich schnell, und erwähne noch beiläufig Mario Kempes. Er grinst und gibt mir den nächsten Aperol Sprizz aus. Die blassen Engländer sind eindeutig für Deutschland und werfen dem argentinischen Adonis unfreundliche Blicke zu. In der Mitte fühle ich mich ein bisschen wie Falkland.

B meldet sich wieder: Wie das ausgeht?

Ich: Hauptsache gut.

B: Elfmeterschießen...

Schweinsteiger wird niedergeschlagen.

Ich: Blut!!! Ha!

B: Sag ich doch!

Das Spiel geht nach einem 0:0 in die Verlängerung. Der Argentinier neben mir schwankt schon bedenklich mehr als das Schiff. Deutschland geht durch ein Tor von Götze in der 113-ten Minute in Führung. Der Argentinier lehnt an meiner Schulter und ringt um seine Fassung. Ich versuche ihm Mut zuzusprechen, alles ist möglich. Rund um mich Endzeitstimmung. Nach dem Tor verweigert der Spross kategorisch weiteres Public Viewing und will ins Bett. Sofort. Widerwillig muss ich den schönen Argentinier zurück lassen.

Wir übersiedeln in unser Zimmer und der Spross zieht sich die Decke über den Kopf, um nichts mehr von dem drohenden Debakel sehen zu müssen. Kurz vor Schluss noch ein Freistoß. Schweinsteiger liegt schon wieder in der Gegend rum, um den Schuss von Messi zu verhindern. Es ist bereits Nachspielzeit. Die letzte Chance.

Ich: kann vielleicht mal einer den Schweinsteiger wegräumen?

Messi versemmelt. Schlusspfiff.

B: Sch....

Ich: GN

Ich setze mich noch auf den Balkon, schaue auf das nächtliche Meer und denke an Mario, der heute sicher traurig ist, und kurz auch an den argentinischen Gaucho, der sich jetzt alleine betrinken muss, aber mit dem wäre in seiner Laune ohnehin wenig anzufangen gewesen.

Mario Kempes - Lili Bach Blog

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