Lesen gefährdet die Dummheit
Gestern abends lümmelte ich zu Hause auf der Couch herum, belagert von meinen Katzen, und las ein Buch. Der Barkeeper meines Vertrauens hatte bereits vor geraumer Zeit eine Vermisstenanzeige aufgegeben und obwohl ich versprochen hatte, endlich wieder einmal auf eine flotte Runde anzutanzen, konnte ich mich von meinem Buch nicht trennen. So las ich glücklich vor mich hin bis drei Stunden nach Mitternacht und verlor dabei völlig aus dem müden Auge, dass Freitag war. Als ich heute früh aufwachte, halb noch in meinem Traum verfangen, dachte ich, ich könnte mir mal einen Kaffee machen und nachschauen, ob schon jemand einen Kommentar zu meinem Freitagsblog gepostet hat. Worüber hatte ich nochmals geschrieben? Just in dem Moment hörte ich ein unheimliches Geräusch zwei Schritte hinter mir. Irgendwer schlug mir heftig auf den Kopf. Es war mein schlechtes Gewissen. Nichts hatte ich geschrieben, kein Wort, gar nichts. Schlicht vergessen habe ich auf den Blog. Das ist es also, was Literatur aus Menschen macht. Sie werden verantwortungslos, vergessen auf ihre Pflichten, sitzen nachlässig bekleidet mit einem Buch in Händen in komischen Positionen bei einem Glas Wein im stillen Kämmerchen, enttäuschen Barkeeper und ärger noch, eine konditionierte Leserschaft, die am Freitag einen Blog erwartet und keinen bekommt. Schlimm. Ganz übel. Kleines Kino. Ich könnte das Drama jetzt auslöffeln und etwas Romantisches über das Buch erzählen. Oder über den Traum, nein, das wohl eher nicht. Andererseits, warum muss eigentlich immer ich etwas erzählen, hier in diesem Theater? Drehen wir den Spieß doch einmal um. Heute seid ihr dran. Erzählt mir etwas. Zu welchem Thema möchtet ihr einen Blog haben? Ja, das ist ausnahmsweise ein Wunschkonzert. Und eine Herausforderung. Wie war euer Traum so? Wo seid ihr gerade? Wo wollt ihr hin? Seid ihr verliebt? Seid ihr traurig? Habt ihr Wünsche? Habt ihr Sorgen um unsere kleine, verrückte Welt, die uns links und rechts um die Ohren fliegt? Was war das Highlight euer Woche? Des Jahres, des Lebens … irgendein Highlight muss es doch geben? Na dann los, ich höre, und zu jedem Kommentar im Gesichtsbuch verschenke ich in alter Tradition ein passendes Bild.