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Warum ich nie auf Interrail war

Am Freitag den Spross mit zwei Stunden Verspätung von der Schulskiwoche zurückbekommen. In der Wartezeit beim ziellosen Herumschlendern zufällig ein exorbitant nettes Lokal samt edler Greißlerei entdeckt und eine mediterrane Tomatensuppe bei italienischer Musik genossen (Höhepunkt des Tages). Zu Hause Koffer ausgepackt. Nicht alle Skisocken haben den Weg zurück gefunden, dafür umso mehr Keksteile, Chips Reste, wahllos verstreute Zuckerl und geschmolzene Schokoladen. Sinnlose Schimpftirade hinuntergeschluckt. Koffer ausgesaugt. Zwei Waschmaschinen mit Unmengen von Skigewand gefüllt, entleert, getrocknet, um den Koffer für die Abfahrt in der Schiurlaub am nächsten Tag wieder neu zu befüllen. Die Katze ist damit ganz und gar nicht einverstanden und pinkelt aus Protest einen ganzen See in den offenen Koffer. Ich weiß, selber schuld. Wer Katzen hat, lässt Koffer nicht offen und unbeaufsichtigt herumliegen. Ergebnis: Mein bester Samsonite ruiniert, Katze zufrieden (ja, genau diese Katze auf diesem blauen Koffer)! Um 18:30 hektisch ins Auto gesprungen, um Notfallkauf in vertrautem Koffergeschäft in nahem Einkaufszentrum zu tätigen. Koffergeschäft spurlos verschwunden. Nicht mehr da, wo es immer war, auch nirgendwo sonst im Einkaufszentrum. Rückfrage bei Personal des nun ansässigen Drogerieladens ergibt, dass das Koffergeschäft schon vor einem Jahr zugesperrt hat. Frustriert wieder nach Hause, alten Koffer aus dem Keller holen. Einpacken bis Mitternacht. Koma.

Am Samstag beim Beladen des Taxi erste Zweifel, wie mein Spross und ich (also ich) zwei Koffer, eine schwere Reisetasche, einen Rucksack, zwei Skischuhsäcke, zwei Skisäcke samt Ski – und eine 5 Kilo Designer Handtasche – über drei Bahnhöfe bis zum Ziel schaffen werden. Leichte Panik kommt auf. Zu meiner Verteidigung muss ich erklären, dass ich normalerweise mit dem Auto in das Skigebiet der Wahl fahre, jedoch mein Sohn mit seinen Skiclubfreunden in der Semesterwoche unterwegs ist und ich mich mangels Alternativen als peinliches Anhängsel mitreklamiert und zudem in einem Anfall von Umnachtung beschlossen habe, das Gemeinschaftserlebnis Zugfahrt mit ihm zu teilen. Also wuchten wir unsere Gepäcksschätze keuchend in den Zug und teilen uns einen Wagon der zweiten Klasse mit zwanzig anderen neun bis 16-jährigen. Es gibt kein WLan. Es gibt kein Businessabteil. Es gibt keinen Champagner. Es gibt nur Chaos und ein Gerangel um meinen Handy Hot-Spot. Ich trage es mit Fassung bis zum Umsteigen in Salzburg. Ungefähr 70 Kilo Gepäck aus dem Zug wuchten. Frage mich, warum auf allen Bahnsteigen Rillen eingebaut sind, über die man die Koffer nicht rollen kann. Rolltreppen runter, Rolltreppen rauf und in letzter Sekunde in einen zum Ersticken aufgeheizten Regionalzug hineinwerfen. Weitere eineinhalb Stunden Qual in einem Wagon, in dem zumindest einer der Fahrgäste Blähungen hat. Ich habe den mir hinter verspiegelten Brillen gegenübersitzenden Typ im Verdacht, der auch ansonsten kein Paradebeispiel an Gepflegtheit und Stilbewusstsein abgibt. Jemand öffnet das Fenster. Es zieht. Keiner beschwert sich. Endlich am Zielbahnhof. 70 Kilo über verwinkelte Wege des Bahnhofes nach draußen schleppen. Nur noch eine kurze Taxifahrt von etwa zehn Minuten bis zum Hotel und dort rühre ich kein einziges Teil mehr an, soll das Zeug doch irgendwer auf irgendein Zimmer schleppen! Es ist mir so was von wurscht.

Zuerst mal dorthin kommen. Drei Taxis für zwanzig Leute samt Gepäck und Ski stehen für den Transfer bereit. Es wird eingepackt, umgepackt, geflucht, neu geschlichtet und als es endlich so scheint, also ob wir losfahren können, beginnt einer der Taxifahrer alles wortlos wieder auszuladen. Ich bin kurz davor zu kollabieren. Der Mann wurde woanders hinbestellt, es wird ein Kollege kommen. Irgendwer lacht hysterisch. Ich glaube, das war ich. Der Spross weigert sich wieder auszusteigen. Schließlich ergibt er sich und orientiert sich nach einer anderen Mitfahrgelegenheit. Meine Sachen sind teils in dem anderen Auto, in dem mein Spross bereits Stellung bezogen hat, und teils liegen sie im Schneematsch rum. Es ist mir egal. Alles was ich nicht mehr bekomme, muss ich nie wieder tragen. Ich schnappe mir den letzten Platz in dem anderen Taxi vorne neben der Fahrerin und wir fahren wirklich los. Halleluja. Wie durch ein Wunder findet auch der Rest des Gepäcks den Weg in das Hotel. Resignierend verfrachte ich die Teile auf unsere Zimmer. Ich spüre meine Arme nicht mehr. Für die Rückfahrt muss mir dringend etwas einfallen, ich mache diese Schlepperei nicht nochmal mit. Sicher nicht!

Und ich weiß endlich, warum ich niemals auf Interrail war...

Warum ich nie auf Interrail war - Lili Bach Blog

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