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Keine Nachrichten sind gute Nachrichten


Letzten Freitag macht sich mein Spross mit Best Friend und Schiclub auf den Weg nach Kaprun zum Saison-Opening auf den Pisten. Meine letzten Worte vor dem Einsteigen in den Bus „Viel Spaß und ruf mich an, wenn ihr gut angekommen seid“ verhallen entweder ungehört oder verblasen während der Fahrt, wer weiß das schon, wie die Prioritätensetzung im Aufgabenspeicher bei 12-jährigen wirklich funktioniert. Jedenfalls kommt kein Anruf. Mit der Einstellung keine Nachrichten sind gute Nachrichten lebe ich schon seit geraumer Zeit recht entspannt und unaufgeregt. Der Anruf folgt dann am nächsten Morgen mit der wütenden Frage, warum ich zu blöd bin eine Haube einzupacken. Kurzes schlechtes Gewissen, dann Erklärung, dass das Kind ja wohl nicht über die Schimaske und unter dem Helm auch noch eine Haube aufsetzen wird und es außerdem Plusgrade hat. Einem unverständlichen Gezeter folgt das ansatzlose Beenden des Gespräches.

Damit beginnt endlich meine Auszeit über das Wochenende und ich stürze mich in allerlei sinnvolle und sinnlose Aktivitäten wie Wäsche waschen, E-Mails abarbeiten, Mittagessen bei Mutter, wieder mal im Fitnesscenter den Schweinehund herausfordern, den ‚Fressnapf‘ plündern, um die Hungersnot der Katzen zu beenden, mit einem Buch in der Badewanne versinken. Dazwischen die Webcams vom Kitzsteinhorn anstarren, ob eines der Pünktchen vielleicht mein Spross ist, und mich dabei ärgern, dass ich in der Nebelsuppe zurückgeblieben bin, während dort auf 3000 Meter am Gipfel die Sonne strahlt und der Schnee glitzert. Immerhin darf ich mein Fernsehprogramm endlich einmal selbst auswählen und stolpere am Abend über „Notting Hill“, was mich jedes Mal wieder zum Heulen bringt, wenn Julia Roberts beim zweiten Anlauf auf die Frage, wie lange sie noch in England bleiben wird, „Für immer“ antwortet. Am nächsten Abend gefolgt vom nicht ganz so kindgerechten Film „Fifty Shades of Grey“, der ehrlich gesagt so langweilig ist, dass ich dabei fast eingeschlafen wäre.

Der heutige Feiertagsdienstag beginnt mit einem Highlight: Eine Katze als Bauchwärmer und die andere in meine Kniekehle gekuschelt reißt mich mein Handy kurz nach neun Uhr Früh aus dem Schlaf. Sohnemann ruft an, seine Stimme schwankt zwischen müde und überdreht: „Mama, wir haben verschlafen.“ Mhm. „Und wo sind alle anderen?“, versuche ich mir einen Überblick über die Lage zu verschaffen. Wie vermutet bereits weg Richtung Berg. „Hast du den Professor schon angerufen?“, ziehe ich ihm Einzelheiten aus der Nase und kann mir die Antwort eigentlich selbst geben: „Ja, aber die sagen, die Nummer gibt es nicht. Und der Prof hat gesagt, wer verschläft, muss im Hotel bleiben“. „Na dann zieht euch an und geht jetzt Frühstücken, bevor das auch noch weg ist und dann ruf mich wieder an“. Kurze Beratung zwischen Spross und Best Friend, kurzes OK, aufgelegt. Ich kann mir die beiden so wunderbar bildlich vorstellen, wie sie nach einer im Minecraft-Rausch durchzockten Nacht noch völlig schlaftrunken und zurückgelassen wie begossene Pudel dastehen und keinen Plan haben. Der eine 150 groß mit geradem Rücken und der andere 190 mit hängenden Schultern. Also rufe ich den Professor an, der mich mit den Worten begrüßt: „Ich hab schon auf deinen Anruf gewartet“. Ich kann ihn durch den Hörer grinsen hören und natürlich ist alles kein Problem, die Jungs sollen sich einfach auf den Weg machen und nachkommen. Rufe also den Spross zurück und natürlich, so wie immer, immer, aber auch immer, hebt er nicht ab. Nach dem dritten Versuch schieße ich ein SMS raus: Ruf mich zurück! Um 09:30 ruft er tatsächlich zurück. Angeblich hat er in den letzten 20 Minuten gefrühstückt, ist schon im Schigewand und abmarschbereit. „Pass auf wenn du über die Straße gehst, Bus fährt um 09:53, rein in die Gondel, wenn du beim Alpincenter bist, ruf den Professor an, die Nummer smse ich dir noch, ihr werdet euch schon finden“, lauten meine knappen Instruktionen. Mein abschließendes „und ruf mich dann bitte an“ ist wie üblich verhallt, aber wie schon gesagt: no news – good news.

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