Mein Freund der Fuchs
Als ich morgens aus dem Haus gehe und die Autotüre öffne, liegt er da. Tot. Zwischen zwei parkenden Autos. Der Fuchs. Ich kenne ihn. Ich mag ihn. Ich habe ihn jahrelang von der Terrasse aus beobachtet. Ich sitze nämlich gerne nächtens auf meiner Terrasse. Und schreibe. Bis vor drei Monaten habe ich dort meine Gauloises geraucht. Jetzt nicht mehr. Ich bin trotzdem gerne alleine da draußen. In der Stille. Ich liebe die lauen Nächte im Sommer und halte es auch bei minus fünf Grad im Winter aus. Ich genieße es, in der Stadt und doch am Waldesrand zu Hause zu sein. Vis à vis höre ich die Schafe blöken. Ich mag die Dunkelheit, die Stille und die Sterne. Mein Freund kommt immer lautlos. Nicht so wie die Dachse, die sich durch Gekreische und Getöse ankündigen. Oder die Marder, die einem das Fürchten lehren. Nein. Mein Freund der Fuchs schleicht geräuschlos durch die Nacht. Und doch weiß ich immer, wenn er da ist. Ich schaue instinktiv hinunter und bewundere seinen selbstbewussten Gang. Er ist der Herrscher der Straße. Bis gestern Nacht. Als ihn ein Auto eines besseren belehrt haben muss. Ich kann ihn heute morgen zum ersten Mal länger betrachten. Er ist wunderschön. Ein paar hundert Meter die Straße runter, da wohnt auch ein Fuchs. Der ist klein und sieht irgendwie räudig aus. Ich mag auch diesen Kerl, aber er ist nicht meiner. Mein Fuchs ist ein Prachtexemplar. Selbst wie er da liegt, mit offenem Maul, ist er noch ein herrliches, wildes Tier. Ich überlege, ein Foto zu machen, lasse es aber sein. Ich möchte ihn in Erinnerung behalten, wie er majestätisch die Straße entlang gelaufen ist.
Es ist Freitag. Ich sollte einen Blog schreiben. Tunlichst über Männer, Liebes-Faux-Pas und sonstigen Irrsinn. Tausend Dinge halten mich davon ab. Nur der Fuchs geht mir nicht aus dem Kopf. Während ich schreibe, suche ich nach einem Foto, das meinem, meinem besonderen Fuchs gerecht wird. Da gibt es tatsächlich ein einziges. Ich habe es aufgenommen, als ich auf dem Weg vom Yosemite National Park Richtung Death Valley war. Eine endlose Straße durch die Wüste. Und da läuft er die Straße entlang, der Kojote. Ich halte an und der kleine Kerl sieht mir furchtlos und interessiert in die Augen. In dem Moment landet auf dem Fels hinter ihm ein Rabe. Ich drücke ab. Das ist die Geschichte des Fotos zu diesem Blog. Und heute ist es eine Hommage an meinen Fuchs. Er wird mir fehlen.