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Feurige Chippendales und Topfenstrudel


Feurige Chippendales und Topfenstrudel - Lili Bach Blog

Man soll nicht voreilig denken Hausarbeit wäre langweilig. Montagabend widme ich mich dem Unvermeidlichen und stopfe Wäsche in die Waschmaschine. Eine Stunde später ist das Zeug pitschnass und eine Tonne schwer. Verärgert befrage ich meine ansonsten allwissende Nachbarin, weshalb die Maschine nicht schleudert, was sie mir nicht beantworten kann. Das Verhängnis nimmt seinen Lauf, als ihr einfällt, ich könnte den nassen Haufen in die ebenfalls in der Waschküche beheimatete Wäscheschleuder werfen. Dieses suspekt aussehende Ding in Form einer Mülltonne habe ich noch nie benutzt, egal, es muss für alles ein erstes Mal geben. Halbfreudig fülle ich Stück um Stück ein, verriegle den Deckel, und vernehme ein leises Surren. Es klingt nicht nach Schleudern, doch wer weiß, vielleicht muss sich das Gerät zuerst aufwärmen und legt dann umso wilder los.

Zwanzig Minuten später schlägt mir beim Betreten der Waschküche beißender, giftig stinkender Rauch entgegen und nach kurzer Abwägung, ob ich es noch ohne akute Lebensgefahr wagen kann, öffne ich todesmutig die Wäscheschleuder und entreiße ihrem Schlund meine immer noch triefend nasse Wäsche. Hektisch aus dem Raum flüchtend stapfe zu meiner Nachbarin, setze sie davon in Kenntnis, dass wir möglicherweise in Kürze abbrennen und sie doch bitte einen Blick mit mir in den Vorhof zur Hölle werfen möge. Betroppezt starren wir auf den bedrohliche Rauchschwaden ausstoßenden Quell des Übelgeruchs und die Nachbarin merkt leicht panisch an, dass das jederzeit in Flammen aufgehende Ungetüm genau vor der Gasleitung steht. Wir sind technisch ratlos, aber schließlich sind wir Frauen, daher steht uns ein Quäntchen Unbeholfenheit zu.

M. sagt, sie wird Olaf anrufen. Ich weiß zwar nicht, wer Olaf ist, doch schlimmer kann es nicht mehr werden. Olaf ist nicht erreichbar. Irrtum, es kann schlimmer werden. Als nächstes wählt M. ihren Vater, Elektriker vom Beruf, an, der mit dem sachdienlichen Hinweis aufwartet, wir sollen das Gerät sofort vom Strom nehmen, zur Not das Stromkabel mit einer isolierten Zange durchschneiden. M. und ich sehen uns verunsichert ins Auge und denken gleichzeitig, dass wir jung, schön und noch nicht bereit sind, an einem Stromschlag in einer unwirtlichen Waschküche zu verenden, um danach praktischerweise für die Urnenbestattung mit dem Rest des Hauses verbrannt zu werden. Die Sicherung! Heureka! Wir werden die Sicherung herausschrauben. Wäre doch gelacht, wir sind zwar hilflose Frauen, aber nicht lebensunfähig. Nur scheint das beim Anblick des Sicherungskastens nicht die optimale Lösung, denn dieser besteht aus 30 Sicherungen, die nicht beschriftet sind.

Wir fragen einfach die Feuerwehr, was die zum Bedrohungspotential des Schleuderdramas meint, schlage ich geistesgegenwärtig vor und wähle beherzt den Notruf. Ein katastrophengeeichter Feuerwehrmensch hört sich meine Geschichte unaufgeregt an und verkündet kurzum: Wir kommen vorbei, warten Sie vor dem Haus, in fünf Minuten sind wir da. Nachbarin M., im kessen Minihängerchen, das gerade bis über den Po reicht, verschwindet, um sich eine Nuance mehr Stoff um den kurvigen Leib zu hüllen, während ich vor der Haustüre auf und ab trabe. In der Annahme, es würde ein kleiner Atemschutzwagen kommen, bin ich baff erstaunt, als wenige Minuten später ein riesiger Feuerwehrtruck mit Blaulicht anrückt. Aus dem roten Monster schälen sich insgesamt sechs Feuerwehrmänner, die wie in Armageddon auf mich zulaufen, um den Planeten vor der Explosion meines Hauses zu retten. Ich kann gerade noch über die Gegensprechanlage M. informieren, dass die Lebensretter im Anmarsch sind und wir betreten zu acht gemeinsam die beengte Gefahrenzone. Die Jungs sehen allesamt wie die Chippendales kurz vor dem Auftritt aus und Nachbarin M. zupft nervös am Ausschnitt ihres T-Shirts herum. Ein elektrotechnisch kompetenter Feuerwehrmann schraubt die Abdeckung ab, kappt das dahinterliegende Stromkabel und verkündet in heldengewohnten Tonfall, dass die Mädels nun unbesorgt schlafen gehen können. Ein Klon von Bruce Willis instruiert mich, ich solle den Schaden der Hausverwaltung melden und denen gleich verklickern, dass die Feuerwehr ausrichten lässt, die Waschmaschine selbst sei schon grob fahrlässig und die Ausbeuter hätten den Damen flott eine neue hinzustellen. Dabei grinst Bruce verschwörerisch. Auf meine Frage, ob wir für den Einsatz aufkommen müssen, flüstert der zwei Meter Hüne breitgrinsend: „Nein, rufen Sie uns jederzeit gerne wieder an. Wenn es brennt oder so.“ Und damit schreiten Ben Affleck, Bruce Willis, Owen Wilson, George Clooney, Chris Hemsworth samt dem Bruder von Brad Pitt in Zeitlupe wieder aus der Waschküche und verschwinden hüftschwingend in die Nacht. M.‘s Blick wäre unter dem Titel sexuelle Belästigung vermutlich klagbar. „Oder so? Ob man die Jungs auch rufen kann, wenn die Milch für die Vanillesauce anbrennt?“, überlegt M. und giftet sich, dass sie kein tiefer dekolletiertes Shirt übergeworfen hat. „Na klar“, meine ich, „mach vorsorglich einen Topfenstrudel, vielleicht sind die Mannen ja liebestechnisch ausgehungert, und lass das nächste Mal gleich das rudimentär vorhandene Kleidchen an.“ Als wir die Treppe hochsteigen, sieht M. so aus, als würde sie schon das Strudelrezept vor sich herbeten.

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